30. Juni 2025

Stift St. Arnual beging Jubiläum als Evangelisches Stift: 450 Jahre, die eigentlich 1.400 sind


Mit einem Festakt in der Stiftskirche hat das Evangelische Stift St. Arnual das 450-jährige Jubiläum seiner evangelischen Tradition gefeiert. Das 450-jährige Jubiläum ist eigentlich ein 1.400-jähriges und die Bedeutung das Stift für das Saarbrücker Bildungswesen und die Waldlandschaft besteht fort.

Seit viereinhalb Jahrhunderten ist das Stift St. Arnual ein evangelisches Stift. Dieses halbrunde Jubiläum wurde nun mit einem Festakt in der Stiftskirche St. Arnual feierlich begangen. Die Bedeutung der Einrichtung ist heute wohl einigen Saarländerinnen und Saarländern nicht mehr geläufig. „Als sie die Einladung bekamen, haben sich manche Menschen gefragt, wer denn da einlädt und ob es ‚der‘ oder ‚das‘ Stift heißt“, erzählte Rolf Joachim Kiderle, der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Stifts in seiner Begrüßung, um den knapp 100 Gästen gleich die Erklärung zu liefern: Bei dem Evangelischen Stift St. Arnual handele es sich heute um eine Stiftung öffentlichen Rechts, die gleichzeitig Eignerin der Stiftskirche sowie der Stiftswälder in St. Arnual und Klarenthal ist.

Einst im Frühmittelalter als weltliches Chorherrenstift gegründet, hatten in der Reformationszeit mehrere Dekane des Konvents vergeblich versucht, das Stift in evangelischem Sinne zu reformieren. Im Jahr 1575 wurde es dann doch im Zuge der obrigkeitlichen Einführung des lutherischen Bekenntnisses in Saarbrücken umgewidmet in ein Evangelisches Stift, das bis heute existiert. „Das Stift bleibt ein Anker der Beständigkeit und auch ein Motor der Erneuerung“, so Kiderle. Denn gewandelt habe sich seither einiges. Während die Stiftswälder in früheren Jahrhunderten eine wesentliche Finanzquelle des Stifts darstellten, sei ihr Erhalt heute praktisch zum Stiftungszweck geworden, wie Kiderle ausführte. Dort würden heute nachhaltige Forstwirtschaft sowie ein Windpark betrieben.

Als Mittelpunkt des Festaktes ließ Ludwigskirchenpfarrer Dr. Thomas Bergholz die historische Entwicklung des Stifts Revue passieren. Es sei ein bisschen schade, dass die 450 Jahre gefeiert würden, sagte Bergholz in seinem Vortrag, denn das Stift St. Arnual blicke eigentlich auf eine 1.400-jährige Geschichte zurück. Damit sei das Stift St. Arnual nicht nur die älteste Körperschaft des Saarlandes, sondern auch die einzige mit einer ununterbrochenen Rechtskontinuität. Die ebenfalls im 7. Jahrhundert gegründete Abtei Tholey wurde im Rahmen der französischen Revolution aufgelöst und erst 150 Jahre später wieder eingerichtet, sei also nicht durchgängig in Betrieb gewesen, so der augenzwinkernde Seitenwink des evangelischen Theologen. Dabei hatte das Evangelische Stift in dieser Hinsicht durchaus ein wenig Glück, denn es wurde bei der Säkularisierung durch die französischen Besatzer schlicht übersehen. „Die konnten sich nicht vorstellen, dass es auch ein evangelisches Stift im Saarland geben könnte“, so Bergholz. Dadurch seien die St. Arnualer der Auflösung entgangen.

Als „stolz und bescheiden“ bezeichnete Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt in seinem Grußwort seinen Eindruck von der Art und Weise, wie das Stift sein Jubiläum begehe. Bescheiden und „seinem Wesen treu bleibend“, da „nur“ das 450-jährige Jubiläum begangen werde, wo doch das Stift eigentlich sogar älter sei als die Stadt Saarbrücken. Stolz durch die Betonung auf die evangelische Tradition, deren Ausgangspunkt mit dem Beginn evangelischen Lebens im Saarland einherging.

Hervorgehoben wurde während des Festaktes auch die erhebliche Bedeutung des Stifts für das Saarbrücker Schulwesen. So ging die Gründung des Ludwigsgymnasiums im Jahr 1604 maßgeblich auf das Evangelische Stift zurück, das das „älteste Gymnasium der Großregion“ (Bergholz) auch über mehrere Jahrhunderte finanzierte und daher erheblichen Einfluss auf die Besetzung der Lehrerstellen und Schulleitungen hatte.
Der derzeitige Rektor des Ludwigsgymnasiums, Christian Heib, pries das Stift als „Leuchtturm kultureller Identität“ und als „Ort der Werte“. Nicht zuletzt das inhaltliche Mitspracherecht des Stifts in die Belange der Schule habe die Gemeinschaft geprägt und dazu beigetragen, dass aus der Schulgeschichte Alumni mit Vorbildfunktion wie der Widerstandskämpfer Willi Graf hervorgingen. Dieses Mitspracherecht endete zwar formell nach dem Ersten Weltkrieg, doch die enge Verbindung zwischen Gymnasium und Stift blieb erhalten und sei „bis heute getragen von gegenseitiger Wertschätzung und dem Wunsch, Schülern mehr zu vermitteln als nur Wissen“, betonte Heib.

Der Festakt wurde musikalisch umrahmt durch das Vokal-Quartett Cantamus unter Leitung von Andreas Ganster sowie Jörg Abbing an der Orgel. Im Anschluss lud das Evangelische Stift zum Empfang in den Kreuzgang ein.

 

Info:
Das Jubiläumsprogramm des Evangelischen Stifts läuft noch bis Ende des Jahres. Nähere Informationen: https://ev-stift-st-arnual.de/das-stift/450-jahre-ev-stift-st-arnual/

 





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